SEEDS – Eine Konzertperformance für Stimmen, Bassklarinette und Steinharfe, inspiriert vom afrikanischen „Poem for Oryza“
Tamara Walcott: Stimme, Poesie in englischer Sprache, Initialkonzept (Surinam- Holland- USA-Paris); Rasha Ragab: Stimme, Textauswahl in Arabischer Sprache (Nubien/ Ägypten- München); Lucio Capece: Bassklarinette, instrumentale und formale Komposition (Argentinien- Berlin); Christoph Nicolaus: Steinharfe (München)
Dieses Werk wurde ursprünglich durch ein Gedicht von Tamara Walcott „Poem for Oryza“ inspiriert.
Das Gedicht beruht auf der historischen Tatsache, dass eine bestimmte afrikanische Reissorte ihren Weg nach Amerika in den Zöpfen der versklavten Mädchen und Frauen fand. Die Frauen flochten die Reissamen in ihr Haar, um eine Überlebensmöglichkeit in der unbestimmten Zukunft zu haben. Diese Reissorte hat in den letzten Jahren die Aufmerksamkeit der Genetikforscher auf sich gezogen. Denn, da sie wenig Wasser braucht und starke Sonneneinstrahlung verträgt könnte sie angesichts der Umweltkrise in der Zukunft wichtig für die Welternährung werden. Dies ist ein kaum bekanntes Beispiel wie versklavte Menschen unabhängig von ihren Umständen weiterhin durch Dinge oder kulturelle Artefakte Bedeutungen schaffen.
Tamara, die von afrikanischen Sklaven abstammt, sagt dazu: „Die Frau trägt den Reis in ihrem Haar, aber der Reis trägt auch die Frau und gibt einer von Angst geprägten Existenz eine Bedeutung.“
Rasha Ragab hat ergänzend ein Gedicht von Mewlana Jalaluddin Rumi ausgewählt, das sich auch auf Saatgut bezieht – allerdings aus einer ganz anderen Perspektive.
Rumi (30. September 1207 – 17. Dezember 1273) war ein persischer Sufi-Mystiker, Gelehrter, Theologe und ein bis heute bedeutender islamischer Dichter, der hauptsächlich in Konya lebte und wirkte.
Sein sufisches Gedicht „Saatgutmarkt“ reflektiert über das mystische Erleben der Verbundenheit aller Dinge miteinander und über das Geschenk sein Ego aufgeben zu dürfen und so zum eigentlichen Selbst zurückzufinden. Es ermutigt dazu den gegenwärtigen Augenblick anzunehmen, keine Angst vor Veränderungen zu haben und sich Liebe und Vertrauen dem All-Einen hinzugeben.
Das wesentlichste Element eines Samenkorns spiegelt sich in dem Stück in zwei unterschiedlichen Realitäten wider: ganzheitlicher Glaube und Vertrauen versus Angst, eine geheime Überlebensstrategie angesichts einer unbekannten, wahrscheinlich schrecklichen Zukunft.
In dem Quartettprojekt Seeds werden die beiden Gedichte von Tamara Walcott und Rasha Ragab im einem Sprechgesang vorgetragen und von der Bassklarinette und der Steinharfe lyrisch untermalt.